
Kündigung von Mietverträgen
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Der Mieter kann sich dabei auf bloße Vermutungen beschränken, sofern sie nicht nur "ins Blaue hinein" erfolgen. Das Gericht muss dem Vorbringen bei Entscheidungserheblichkeit nachgehen.
LG Berlin, Urteil vom 21.11.2018 - 65 S 142/18
Voraussetzung einer Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nicht nur der Eigennutzungswusnsch des Vermieters. Dieser muss auch darlegen und nötigenfalls beweisen, dass auch ein hinreichendes Nutzungsinteresse und ein nicht übermäßiger Bedarf bestehen.
Der Mieter hat einen Anspruch auf sorgfältige Überprüfung der Fachgerichte, ob der Eigenbedarf des Vermieters von ernsthaften, vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen wird. Da sich der Eigennutzungswunsch auf innere Tatsachen bezieht und der Mieter hierüber nur mutmaßen kann, muss ihm gestattet sein, sich auf ein einfaches Bestreiten zu beschränken. Dies findet erst dort seine Grenze, wo es sich um Mutmaßungen "ins Blaue hinein" handelt.
Lebensalter der Mieter kann Eigenbedarfskündigung entgegenstehen!
LG Berlin, Urteil vom 12.03.2019 - 67 S 345/18
Die Mieter hatten im Zeitpunkt der Entscheidung über die Räumungsklage das 87. und 84. Lebensjahr vollendet. Der Vermieter der Wohnung hatte das Mietverhältnis im August 2015 wegen Eigenbedarfs gekündigt. Amts- und Landgericht lehnten die Kündigung als rechtswidrig ab, weil sie für die betagten Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 BGB) - dies allein aufgrund des Alters der Mieter.
Alte Menschen sind nach dieser Entscheidung härter vom Wohnungsverlust betroffen als jüngere Menschen, weil es ihnen an einer Chance zu einem auf Dauer angelegten und die bisherige Lebensqualität im Wesentlichen erhaltenden privaten Neuanfang fehlt, weil ihre Restlebenserwartung gemessen an der durchschnittlichen Lebenserwartung reduziert oder aufgebraucht ist. Zudem sind ihre Chancen, eine andere Wohnung zu finden, altersbedingt erheblich geringer ausgeprägt. Der nur durch das hohe Alter begründete Härteeinwand ist derart erheblich, dass eine Eigenbedarfskündigung nur bei besonders gewichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen des Vermieters in Betracht kommt.
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson den Wohnraum in der Erwartung zur Miete überlässt, diese im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.
Die Mieter nehmen ihren ehemaligen Vermieter auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs in Anspruch. Der Vermieter hatte das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Eigenbedarf seines Neffen gekündigt. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob und gegebenenfalls wie lange der Neffe des Beklagten in das Haus eingezogen ist. Nach zehn Monaten veräußerte der Vermieter das Anwesen an einen Dritten. Dem Neffen war die Wohnung nur deshalb überlassen worden, weil klar war, dass er sich im Falle eines Hausverkaufs nicht gegen eine Kündigung wehren würde.
BGH, Urteil vom 10.05.2016 - VIII ZR 214/15
Die vorübergehende Nutzung einer Wohnung durch den von der Tochter des Vermieters getrennt lebenden Schwiegersohn zur Ausübung einer Umgangsregelung bezüglich der gemeinsamen Kinder ist ein ausreichender Grund für eine Eigenbedarfskündigung nach § 573(2) Nr. 2 BGB. Ausreichend sind insoweit vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung. § 573(2) Nr. 2 BGB ist nicht zu entnehmen, dass die Eigenbedarfsperson die zu kündigende Wohnung als alleinigen Lebensmittelpunkt nutzen muss.
AG Eutin, Urteil vom 02.02.2016 - 23 C 862/15
Wenn der Mieter eine Räumung als Scheitern eigener Bemühungen erlebt und als komplettes Infragestellen seiner Lebensleistung interpretiert, so dass mit einer schweren und anhaltenden depressiven Störung gerechnet werden muss, die mit Grübeleien, anhaltender Antriebs- und Interesselosigkeit, sozialem Rückzug, Scham, Verbitterung und resignativer Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit verbunden ist, liegt eine nicht zu rechtfertigende Härte vor, hinter der das berechtigte Eigenbedarfsinteresse zurücktreten muss.
LG Berlin, Urteil vom 08.07.2015 - 65 S 281/14
Der Vermieter kann sich auf eine von ihm ausgesprochene Eigenbedarfskündigung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen, wenn er der Pflicht zum Angebot einer freistehenden Alternativwohnung zuwider gehandelt hat, selbst wenn der Mieter nach Ausspruch einer zeitlich nachfolgenden Eigenbedarfskündigung die Anmietung der nunmehr angebotenen Alternativwohnung ablehnt. Die Treuwidrigkeit ist allenfalls dann zu verneinen, wenn der Mieter zu keinem Zeitpunkt Interesse daran hatte, die Alternativwohnung anzumieten.
LG Berlin, Urteil vom 16.04.2015 - 67 S 14/15
Ein - auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe gestützter - Eigennutzungswunsch rechtfertigt die Kündigung des Mietverhältnisses nur dann, wenn er vom Vermieter auch ernsthaft verfolgt wird und bereits hinreichend bestimmt und konkretisiert ist. Eine bislang nur vage oder für einen späteren Zeitpunkt verfolgte Nutzungsabsicht rechtfertigt eine Eigenbedarfskündigung (noch) nicht.
BGH, Urteil vom 23.09.2015 - VIII ZR 297/14
Bei einem einheitlichen Mischmietverhältnis, das wegen überwiegender Wohnnutzung als Wohnraummietverhältnis anzusehen ist, braucht sich ein vom Vermieter geltend gemachter Eigenbedarf nur auf die Wohnräume zu beziehen.
BGH, Urteil vom 01.07.2015 - VIII ZR 14/15
BGH, Urteil vom 04.03.2015 , VIII ZR 166/14
LG Hanau, Urteil vom 20.03.2014, 2 S 248/13
Wird wegen Bedarfs für einen Familienangehörigen gekündigt und zur weiteren Erläuterung ausgeführt, dass dieser mit seinem Lebensgefährten zusammenziehen will, so genügt es, wenn die Bedarfsperson - also der Familienangehörige - identifizierbar benannt wird. Der Name des Lebensgefährten muss nicht offengelegt werden.
BGH, Urteil vom 30.04.2014, VIII ZR 284/13
Der Vermieter darf wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn seine Ehefrau die vermietete Wohnung als Anwaltskanzlei einrichten möchte. Auch die berufliche Nutzung der Wohnung stellt ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung der Wohnung dar. Die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit muss nicht hinter die Interessen des Mieters zu Wohnzwecken zurück treten.
BGH, Urteil vom 26.09.2012, VIII ZR 330/11